Mutterland, Kiew (2023)
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Gemälde von Nazanin Pouyandeh
Gemälde von Nazanin Pouyandeh

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Ja zur Mode in "finsteren Zeiten"

 

Ja, auch wir "leben in finsteren Zeiten", von denen Bert Brecht kurz vor Ausbruch von Weltkrieg II schreibt. Und in unserer Nähe tobt ein Krieg und wir verstehen die Zweifel des Autors im Exil damals vor drei Generationen am Sinn der Kunst, nämlich dass "ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist/ Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!"

Nur, Kunst und Kultur heute lenken vielleicht weniger ab von den Verbrechen an Natur und Menschheit, von der Verwüstung des Planeten durch Kriege und Raubbau der Ressourcen. Sondern sie zielen mit ihrer Arbeit auch immer und gerade daraufhin. Sie sind also nicht nur ein notwendiges Elixier des Lebens und Überlebens, sondern können zugleich Wegweiser für Ethik und Ästhetik sein.

Und "genau das passiert in der Mode", so die Wissenschaftlerin für Mode und Design, die Trendforscherin Mara Michel: 

 

"Sie macht Haltungen und Gedanken laut und deutlich sichtbar, die auf ein sinnvolles Zusammenleben hinarbeiten. Sprache wird visualisiert und materialisiert. Statements werden bewusst eingesetzt. Mode als politisches Instrument, das sich über die sozialen Medien in zeitraffender Geschwindigkeit verbreitet und meinungsbildend wirkt. Alle politischen Statements der Mode münden ein in Zukunftsdenken."

  

 

Doch wie kann es dann weitergehen? Kann denn gerade Mode zur Bewältigung von Krisen und Konflikten lösungsorientierte Beiträge leisten? Dazu hält die Funktionärin des Deutschen Kulturbundes ein vierfaches Ja bereit:

 

"Die Avantgardisten in der Modekultur machen die ersten Schritte. Sie zeigen ein JA mit dem Optimismus einer lauten Farbigkeit. Sie zeigen ein JA mit striktem Einsatz nachhaltiger Stoffe und Lieferketten. Sie zeigen ein JA mit politischen Statements. Ja, sie sagen vermehrt JA zur Reduzierung des zwölfmonatlichem Rhythmus herausgeschossener unnötiger Kollektionen hin zu überlegtem Zeigen, was wir tragen wollen und welche Haltung wir unserem Gegenüber signalisieren wollen, von Mensch zu Mensch."

 

Und dieses JA von Mara Michel macht zugleich deutlich, was denn Mode als "eine Schwester der Kunst" ist - so die Monatszeitschrift Politik und Kultur im Mai - und was nicht: Nämlich sie ist nicht mit dem Begriff der Bekleidung identisch, manchmal vielleicht mit dem zwar industriell gefertigten Prêt-à-Porter großer Marken, und nicht immer mit der Haute Couture in Paris oder Mailand. Sehr häufig tritt die Nähe zur "Schwester Kunst" auf, wenn es um kleinere Mode-Labels geht. Viele Überschneidungen, Grenzgänge werden da möglich.

 

 

 

KUNO möchte im Mode-Monat Juni die Produktionen zweier kleinerer Marken vorstellen, beginnend mit der Kategorie der Accessoires, hier den handgearbeiteten Umhängetaschen und -beuteln der Mailänder Werkstatt TEKOA von Ana Pace.

Damit wird der Klang eines Wortes aus der Sprache der Guaraní, einer indigenen Ethnie aus dem mittleren Südamerika, aufgenommen, das eine ganzheitliche Vision von Heimat ausdrückt. Die Verantwortliche für Konzeption und Produktion des Labels stammt selbst aus Argentinien und lebt und arbeitet seit langem in Italien. Die Auswahl der Materialien ihrer Kollektionen erfolgt nach Prinzipien der Nachhaltigkeit, was Upcyceln, Haltbarkeit und eben auch Verzicht auf Neuverwendung tierischer Produkte betrifft. Die Ästhetik der Taschen erfreut sich hoher Geschmackssicherheit bei der Collagierung der ausgwählten Stoffe, ihrer farblichen Strahlkraft und der Auswahl handgemalter  Textilien.

 

Unter ihrem Eigennamen als junge Modedesignerin entwickelt Sepideh Ahadi seit 2017 ihre Kollektionen in Berlin. Es sind vor allem Events wie die innovative Sparte Neonyte der Fashion Week dort, die die Iranerin in die Hauptstadt brachte. Schon als Kind träumte sie von der Mode und absolvierte später eine entsprechende Ausbildung im Land der Prada, Gucci und Versace. Die Eleganz ihrer "einfachen Schnitte und der minimalistische Designansatz", wie Sepideh Ahadi es selbst beschreibt, verweisen auf die Faszination eines Giorgio Armani, zugleich aber auch auf autobiografische Erfahrungen. Besonderen Wert legt sie bei ihren Kollektionen zudem auf wesentliche Prinzipien einer nachhaltigen Produktion, die in ihrem Online-Shop auch ganz deutlich herausgestellt werden.

 

 

"IKAT -Tradition in Fashion" spürt dank Dr. Lola Shamukhitdinova diesen Stoffen aus Seide und Baumwolle sowie ihrem einzigartigen Design nach, diesen farbintensiven Mustern und ausdrucksstarken Zeichnungen, sowie ihren spezifischen Produktionstechniken in einigen zentralasiatischen Ländern. Die Bewahrung der lokalen Textiltradition in Usbekistan führte 2017 zur Aufnahme in das Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes durch die UNESCO. Die Innovationskraft von usbekischen Werkstätten und Modehäusern im Zusammenspiel mit der Initiative internationaler Marken wie Oscar de la Renta, Dries van Noten oder Gucci machten IKAT bei den Fashion Weeks im neuen Jahrtausend zu einer Stilikone auf den Laufstegen der Welt. Erst kürzlich wurde dies von Ralph Lauren bei seiner Frühlingskollektion 2022 wieder einmal mit Nachdruck bekräftigt.

 

 

 Um Textilkunst geht es bei den fünf Bildteppichen, die Inga Wilkens in Kooperation mit Teppichknüpferinnen aus dem marokkanischen Fès produzierte. Die Niedersächsin wollte ursprünglich Motive ihrer abstrakten Zeichnungen dank erworbener Handarbeitstechniken und zusätzlichem Know-how in einem neuen Medium eigenständig verwirklichen. Als sie bei ihren Recherchen auf die Kunsthandwerkerinnen aus dem Atlasgebirge stieß, die normalerweise Berberteppiche herstellen, und eine Einigung zu fairen Bedingungen herbeigeführt war, wurden innerhalb von zwei Jahren die kunstvollen Teppiche gefertigt und anschließend im Kunstverein des Heimatorts Fischerhude von Inga Wilkens vor wenigen Monaten ausgestellt.

  

 

DRESS CODE DAS SPIEL MIT DER MODE 21. Mai bis 12. September 2021 in der Bundeskunsthalle Bonn.

"Wie haben Sie die Kleidung ausgewählt, die Sie heute tragen?"

Ob Designer-Kleid oder Jeans, Anzug, Jogginghose oder Uniform – jede Kultur, Epoche und gesellschaftliche Gruppe hat ihre eigenen Dress Codes. Sie geben den Rahmen vor, aber die Ausgestaltung bestimmt jeder Mensch ganz individuell.

 

Vom 18.2.22–30.5.22 in der Berlinischen Galerie

Mode und Kunst sind Spiegel gesellschaftlicher Veränderungen und individueller Bedürfnisse. In der Sammlung der Berlinischen Galerie ist das Thema überraschend und vielfältig präsent. Neben zahlreichen Modefotografien quer durch das 20. Jahrhundert sprechen ebenso viele Gemälde und Zeichnungen von der Rolle der Mode als Ausdrucks- und Repräsentationsmittel einer Zeit: vom Reformkleid um 1900 über die Dada-Dandies der 1920er Jahre bis zu avantgardistischen Kleidungsentwürfen in der zeitgenössischen Kunst.

 

 

Ethik und Ästhetik in der Häkelkunst

 

 

Überall kommen Korallen durch globale Erwärmung zu Tode. Die in Australien geborenen und in Kalifornien lebenden Schwester-Künstlerinnen Margaret und Christine Wertheim finden sich mit dem Verlust nicht kampflos ab.

Das 2019 auf der Biennale in Venedig ausgestellte Crochet Coral Reef  (Häkelkorallenriff) der Schwestern ist jetzt Gegenstand einer alle Räume umfassenden Ausstellung im Museum Frieder Burda.

Nach dem Vorbild der lebendigen Riffe, denen sie nachstreben, haben die Schwestern ein kooperatives Installationswerk gestaltet, an dem über 20.000 Menschen in fünfzig Städten und Ländern mitwirkten.

 

 

Ästhetik im Mix von Mode und Film

 

Videoclips großer Marken wie Chanel, Dior, Jil Sander von hoher filmischer Qualität sowie Karl Lagerfelds Film (2013, 25') über die Rückkehr Coco Chanels nach Paris 1953, mit Geraldine Chaplin und Rupert Everett

 

Spring/Summer 2018 Campaign, Episode 3 (Paternoster), directed by Wim Wenders

 

Kurzfilm in voller Länge (25', Chanel 2013), spielt im Dezember 1953 und erzählt von Coco Chanels Rückkehr in die Modewelt durch die Wiedereröffnung ihres Haute Couture Maison nach einer 15-jährigen Pause – eine Zeit, die angeblich die Legende von Coco selbst geprägt hat .

Erinnert sei hier an einige Spielfilme zum Thema Mode:  Der Teufel trägt Prada (2006), Haute Couture (2021), Prêt-à-Porter (1994), Coco Chanel (2009), Der seidene Faden (2017).

 

 

Politik und Kultur, 05/22
Schwerpunkt: Mode
MODE puk05-22.pdf
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