Der diesjährige Geburtstag des deutschen Philosophen wird in Königsberg, wo er geboren wurde, lebte und arbeitete, also im heutigen Kaliningrad gefeiert, als wäre Kant ein russischer Denker der Aufklärung, ohne dass seine Gedanken bei den Zeremonienmeistern in Putins Russland irgendwo (eine unverfälschte) Rolle spielten. Wie etwa seine Schrift „Zum ewigen Frieden“, in der er vom „Ausrottungskrieg“ jener Staatsoberhäupter spricht, „die des Krieges nicht satt werden können“ (konkret online bei Kant selbst und im Artikel Theo Sommers nachzulesen). Womit die imperiale Attitüde des aktuellen russischen Diktators Jahrhunderte vor dessen Zeit trefflich gekennzeichnet wird.
Und natürlich sind auch weitere philosophische Grundfragen zum Thema Was soll/will/kann der Mensch sein/tun? zu diesem Jubiläum nur in Freiheit und ohne Zensur wirklich offen diskutierbar.
Was kann ich wissen?
Was soll ich tun?
Was darf ich hoffen?
Was ist der Mensch?
Am 22. April 2024 jährt sich der Geburtstag des Philosophen Immanuel Kant (1724–1804) zum 300. Mal. Kants bahnbrechende Beiträge zur Aufklärung, seine Überlegungen zur Ethik, Emanzipation, Erkenntnistheorie und zum Völkerrecht gelten bis heute als Referenzpunkte. Die Ausstellung der Bundeskunsthalle in Bonn will sein Werk einem philosophisch nicht vorgebildeten, explizit auch einem jungen Publikum nahebringen. Und die vier berühmten Kantischen Fragen: „Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Was ist der Mensch?“
Krieg und Frieden...
... über Schönheit und Geschmack
Über Geschmack streiten?
Lange darüber nachgedacht, warum der vermeintlich allgemeingültige, unantastbare Grundsatz, über Geschmack lasse sich nicht streiten, der oft Kant zugeschrieben wird, mich nie wirklich überzeugt hat.
Einmal, weil das mir nicht selten ein beliebter Ausweg scheint, Meinungsverschiedenheiten über das ästhetisch Schöne schnell und oft besserwisserisch mit überlegenem Lächeln abzubiegen. Denn, so sage ja schon Kant - in der Tat einen "Gemeinort" zitierend - "ein jeder hat seinen eigenen Geschmack".
Hat er oder sie aber tatsächlich so etwas wie einen eigenen Geschmack? So ließe sich nicht erst Jahrhunderte nach Kant fragen, wenn in der Regel bestenfalls nur ein "gefällt mir" oder eben "nicht" ohne weitere Begründung angegeben wird oder werden kann.
Zum anderen und wichtiger die Tatsache, dass Kultur- wie Kunstgeschichte überzeugend feststellen lassen, wie Ästhetiken und Moden, die für ihre Epoche und in ihrem Kulturhorizont als dominant galten, selbst zu ihrer Zeit und in ihrem Raum nicht immer und überall als absolut gültig anerkannt wurden. Trotzdem behalten auch sie für uns als Kulturgüter ihren historischen Wert, was allerdings nicht mit Indifferenz gegenüber dem Wandel in Kunst- und Stilrichtungen zu verstehen ist, sondern eher als Aufforderung, sich nicht a priori Veränderungen, dem Neuen und Unbekanntem zu verschließen.
Und natürlich gibt es kein rationales Argument für die Präferenz von Geschmacksfragen und weiter gefasst für spezifische Kulturen, Kunstgattungen, Epochen oder Kunstschaffende und ihre Arbeiten. Und das bestätigen Kant, die Geschichte und das Leben nachdrücklich.
Des Philosophen Freiheitsemphase durchweht allerdings die Frage des Geschmacks nicht nur allgemein und vor allem nicht diskursabweisend. Im Gegenteil betont er, dass das Geschmacksurteil zwar nicht rational und objektiv, jedoch ästhetisch und subjektiv Allgemeingültigkeit beanspruchen kann.
Und also lässt sich im Sinne eines Geschmacksurteils über das ästhetisch Schöne eben sehr wohl diskutieren, so man willens und in der Lage ist.
Dabei lässt sich im Gespräch immer etwas mehr über den Gegenstand, sich selbst und die anderen in Erfahrung bringen.
April 2024 Paul Kroker
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