Wir hatten ausdrücklich für uns als Interesse formuliert, bei diesem Filmfest in dem gesetzten Zeitrahmen Produktionen ausfindig zu machen, die uns ästhetisch wie ethisch begeistern können. Und kamen in der Vorauswahl auf knapp zehn. Und wie immer bei unserer Berichterstattung haben wir keine Lust, Werke zu zerreißen. Hier hatten ja wir die Wahl der Auswahl. Zur Wahrheit gehört dazu, ein Film war leider nicht zugänglich, dafür hatten wie andererseits sowas von einem Zufallstreffer!
Bei der Anzahl von Filmen in vier Tagen konnten wir kaum etwas längere eigenständige Kommentare entwickeln. Und dann fehlten mitunter weitere Materialien mal zum Regisseur, mal fehlen die Trailer. Da ist noch Luft nach oben in dem insgesamt starken Aufgebot eines noch jungen Festivals.
Berührend, melancholisch, schön!
Dazu der Song von Sehnsucht und Liebe der großen Ella (auch in Ermangelung eines Trailers von diesem wunderbaren Kurzfilm).
Ohne Zwang, auf den göttlichen Dante zu rekurrieren, präsentiert sich das ständige Hinabsteigen einer jungen Frau in einer leider nur fünfzehnminütigen Endlosschleife im Ambiente der schönen, eleganten Treppenhäuser vor allem Berlins, so dass sich eine Ästhetik des Gehens entfaltet, in ihrem Minimalismus nun doch wieder Dante erinnernd "nel mezzo del cammin di nostra vita", dabei die Vielfalt faszinierender Architektur kontrakarierend.
Alles beginnt mit einem Mordversuch an dem jungen Protagonisten durch die Mafia-Bande, die die illegalen Migranten aus Mazedonien terrorisiert. Und mit seiner Rettung vorm Ertrinken durch eine junge Frau, die altersmäßig auch seine Mutter sein könnte und aus dem mittleren deutschen Wohlstandsmilieu stammt. Der Blitz aus heiterem Himmel elektrisiert die beiden, eröffnet natürlich komplizierte Liebes- und Lebensalternativen. Sie im gemeinsamen Liebesnest auf dem Dachboden über ihrer Wohnung mit dem anderen ist suizidal gefährdet, er in allem, was er auch tut, immer existenziell. Das wird sein Verhängnis.
Ein Film so notwendig gerade jetzt, weil er aufblitzen lässt jene Momente des Glücks, die soviel bedeuten und nie mehr sein können als eben Augenblicke.
"In einem Fernbus auf dem Weg nach Wien unterhält sich eine Dichterin (Anfang 50) mit einem Puppenspieler. Inspiriert durch dieses Gespräch beschließt sie, einen Tag in ihrer alten Heimatstadt Wien zu verbringen. In einem Café lernt sie einen jungen Kindergärtner kennen, der kellnert. Sie fühlt sich sehr zu ihm hingezogen und sie haben Sex. Der Puppenspieler will endlich sein Tourneeleben aufgeben und mit seiner Freundin und der gemeinsamen Tochter zusammenleben. Während seine ahnungslose Freundin, eine Maskenbildnerin, auf ihn wartet, sucht er zunächst die lesbische Theaterdirektorin auf, deren Sohn er gezeugt hat, was aber niemand weiß. Dies war Teil einer Abmachung, als Gegenleistung für die Vermittlung von Engagements für ihn. Auch hier hofft er auf eine lukrative Geschäftsbeziehung. Währenddessen hat der Intendant eine Affäre mit der hübschen Putzfrau am Theater... Die Kreise aus Lug, Trug und falschen Erwartungen weiten sich immer weiter aus. Schließlich kommen für alle Wahrheiten ans Licht, die...", so die Regisseurin und Drehbuchautorin Gerda Leopold.
Die Vernetzung der zehn Figuren ist noch viel in- wie extensiver und dramatischer, so dass dieser Episodenfilm wirklich zu einem superben cineastischen Ereignis aufläuft. Kein Wunder, dass so etwas aus Österreich kommt, Schnitzler docet.
Eine Tragödie in einem überalterten und heruntergewirtschafteten Deutschland in einem - wohl dank der chinesischen Dominanz - digital avancierten Irgendwann, nicht weit von heute. Als in diesem "Verjüngungsfaschismus" (O-Ton, der Vater) die sogenannte Endjährigkeit - die Zwangssterbehilfe ab dem 80. Lebensjahr - staatlich verordnet wird, sind Vater und Sohn wegen Krankheit und lebensuntauglicher Rente des Alten gezwungen, nach lebenslanger Zerrüttung zuerst notbehelfsmäßig zueinander zu finden.
Die Überwachungsdiktatur namens Bündnis Jungbrunnen Deutschland (BJD) hat die aus Nazideutschland und Rotchina bekannte Züchtung des Nachwuchses und der Jugend als oberste Priorität erklärt für eine lichte Zukunft dieses Dahinvegetierens in Tristesse und Elend. Das wird mit staatlichen Korruptionsmanövern und Terrorbanden gegen die Alten durchgesetzt. Der Sohn gerät als Angestellter des Sozialministeriums unter großen Druck, da die staatlichen Maßnahmen seinen Vater direkt bedrohen. Flucht nach Skandinavien über die Ostsee wäre wie zu DDR-Zeiten fast machbar. Der Sohn gerät in das Dilemma, dem ursprünglich ungeliebten und schwachen Vater zu helfen, sowie in ein Verhältnis mit seiner attraktiven Vorgesetzten.
Eine sehr konkrete Dystopie mit einem Tropfen Hoffnung dafür, wie sich vielleicht doch noch in der Diktatur neu einrichten zu können.
Ein furchtbarer und schöner Film zugleich.
Ein Erstlingswerk des Regisseurs, ein Kammerspiel, ein Gesicht, eine Figur, von Danny nämlich, dessen Bruder das Versteck für den Flüchtling aus dem Knast besorgt hat. Düster, neurotisch dieser Danny, von Traumata verfolgt, die aus seiner Vergangenheit und der Gefangenschaft rühren mögen und durch die aktuelle Isolation verstärkt oder gar erst hervorgerufen werden. Vor allem von Geräuschen, Klängen, Musiken aus der Nachbarschaft und/oder in seinem eigenen Kopf. Da wird dann starkes Klopfen als Knastmorsen richtig und doch wieder falsch identifiziert. Ein junger Mensch auf der Flucht unter den Millionen weltweit, dem es ansonsten in der Wohnung gut geht, der versorgt wird schließlich auch mit einem Pass, um aus Deutschland rauszukommen. Des Nachts vernimmt er in seinem Bett mal wieder Schritte, die immer näher zu seiner Wohnungstür kommen - Schnitt. Ende. Klaustrophobischer Wahnsinn pur, sehr gut gemacht mit einem wunderbaren Darsteller.
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