Mutterland, Kiew (2023)
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Gemälde von Nazanin Pouyandeh
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Herrenhausen IV: Johannes Fischer

                                                                                    Aus der offiziellen Ankündigung

 

Johannes Fischer, Air (2012), 3 Fragmente, 11.10.2020

 


 

 Sein Solostück Air (für Kleine Trommel und Accessoires) ist eine wirklich fesselnde und abwechslungsreiche Performance. Mit gedimmter Snare erkundet er durch den Einsatz einer Reihe von Haushaltsbürsten sehr verhaltene  Klangdifferenzen, wobei er die Tonintensität der Trommel mit Fingern, Hand und Ellenbogen modifiziert. Dann kommen zwei ganz dünne hölzerne Stricknadeln zum Einsatz, Fischer spielt damit auf dem Trommelrand in einer Variation der Rhythmen, Tempi und Schlagkraft, trommelt sich wie ein echter Drummer in ein wütendes Stakkato.  Dann die Triangel, der - amplifiziert - in diesem Konzert noch exklusiv ein Stück von Alvin Lucier aus 1988 gewidmet ist. Zunächst steht sie für einen Moment im Zentrum, als hätte sich der Musiker plötzlich für ein anderes Instrument entschieden. Hat er aber nicht und bald wird sie funktionalisiert und auf die Trommel gelegt und dann mit den beiden Sticks bearbeitet. Erst aber mal die  Snare direkt mit einem Furioso, einem fast marschähnlichen Trommelwirbel. Dann die Triangel auf einem Lappen auf dem Leder der Snare, was die Tonstärke  total abschwächt und ihre Qualität stark modifiziert. Doch wird sie nur selten wirklich getroffen. Dann der Einsatz einer Pfeife, ähnlich der beim Samba, die aber keine durchdringenden Töne erzeugt, eher das Geräusch eines Dampfkochtopfs, der aber nicht zum Höhepunkt kommt, weil ihm vorher das Gas abgedreht wird. Dafür hört man die atemtechnische Anstrengung von Fischer, dem die Pfeife wiederum den Ausbruch verwehrt. Mit dem einmaligen Anschlagen einer Portiersglocke ist Schluss.

Das alles und noch viel mehr lässt sich beeindruckenderweise hören in der Vollversion von Air in einem Konzert in Berlin 2018. 

 

 

Der Trommler und Komponist mit mittlerweile reichem Repertoire und internationaler Erfahrung hat bei den Kunstfestspielen Herrenhausen 2020 am letzten Abend sein großes Können vorgeführt. Der 39jährige Klangkünstler spielte insgesamt sieben Kompositionen, darunter auch zwei eigene: Wolkenstudie (2014) für Schlagzeug solo, mittlerweile von verschiedenen Künstler*innen interpretiert. Dann Air (2012) für kleine Trommel und Accessoires, das hier oben in drei  Auszügen vorgestellt wird, die wir in der Galerie der Herrenhäuser Gärten aufgenommen haben. Zudem auch noch zwei kurze Takes von Claude Viviers Cinque Chansons für Schlagzeug (1980), das gefühlt längste Stück des Abends.

 


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